10.12.2020

Unabhängig vom Standort

Durch die stetige Weiterentwicklung in der Digitalisierung ergeben sich auch in der Logistikbranche neue Chancen. Schnelle Reaktionszeiten und dadurch kurze Anlagen-Stillstandzeiten sind ein wichtiger Erfolgsfaktor in der Intralogistik. Mit dem realisierten Pilotprojekt „Augmented Reality“ konnte Gilgen Logistics einen weiteren Schritt in diese Richtung erfolgreich umsetzen. Kunden, Servicetechniker und Monteure können unabhängig vom Standort mit modernsten Hilfsmitteln visuell angewiesen und unterstützt werden.

Digitalisierung in der Arbeitswelt ist für viele Unternehmen eine Selbstverständlichkeit geworden. In der Planung und im Engineering von Logistikanlagen ist die Digitalisierung bereits weit fortgeschritten. Die Anforderungen an Durchlauf- und Reaktionszeiten sowie der Einsatz von anspruchsvollen Technologien haben in den letzten Jahren stark zugenommen. So wurden Augmented Reality im Lager vor allem bei Inventuren und Kommissionieren eingesetzt. Beim effizienten Errichten und Betriebsunterhalt von Logistikanlagen ist der Einsatz noch weniger bekannt. Wird zum Beispiel der Montagefortschritt verzögert, hat dies Auswirkungen auf die Projektdurchlaufzeit; ein Anlagenstillstand und Leerlaufzeiten führen zu Umsatzverlust und Mehrkosten. Die Intervention des Herstellers muss schnellstmöglich erfolgen. Vielfach ist das Know-how eines Spezialisten notwendig. In vielen Fällen ist dieser jedoch mehrere Reisestunden entfernt und es geht wertvolle Zeit verloren. Bei weltweit installierten Systemen ist dies ein beachtlicher Kostenfaktor und verursacht unter Umständen die Blockierung von wertvollen Ressourcen über mehrere Tage. Wird zusätzlich noch berücksichtigt, dass das Beheben des Problems den Spezialisten häufig nur kurze Zeit beansprucht, wird deutlich, wie groß der Einfluss der Reisezeit auf die Ausfallzeit oder Durchlaufzeit ist.

Ein Pilotprojekt

Es stellt sich daher die Frage: Wie können Monteure, Servicetechniker, IBN-Teams und Kunden schnell und kompetent mit dem Know-how der Spezialisten vor Ort unterstützt werden? Wie können unnötige Serviceeinsätze und Leerfahrten vermieden werden? Der Einsatz von Augmented Reality (AR) scheint hier vielversprechend zu sein. Dies veranlasste die Gilgen Logistics ein Pilotprojekt zu starten.

Heute gibt es bereits mehrere Anwendungen mit Mixed-Reality Brillen oder Smartphones, um die grundlegenden Funktionalitäten zu nutzen. Live-Bildübertragung sind eine kostengünstige Möglichkeit. Sie sind jedoch nicht bedienerfreundlich und an der Anlage nicht praktikabel, da die Hände zum Arbeiten nicht frei sind. „Mit einer Augmented-Reality Lösung können Hersteller- und Kundenbedürfnisse gleichzeitig befriedigt werden“, erklärt Daniel Fricker, Leiter Entwicklung bei Gilgen Logistics und sieht zahlreiche Anwendungsfälle: „zum Beispiel für die Entwicklung, Fertigung, Aufbau und Betrieb der Anlage kann AR eingesetzt werden.“

Daraus ergeben sich folgende Vorteile: die Gilgen-Servicetechniker können bei auftretenden Problemen direkt den Spezialisten beiziehen, sei es bei Montageproblemen, weiterführenden Unterlagen, sich verändernden Umgebungssituationen oder notwendigen Entscheidungen. Der Gilgen-Kundendienst kann bereits kurz nach Eingang eines Supportfalls die Situation vor Ort beurteilen und entsprechende Maßnahmen einleiten. Eine anspruchsvolle Reparatur kann unter Anweisung eines Spezialisten durchgeführt werden, ohne dass dieser vor Ort anwesend sein muss. Der Kunde kann bei Wartungen per Remote unterstützt werden oder kann Reparaturen nach Anweisungen des Spezialisten eigenhändig durchführen.

Entwicklungspartner

Mit dem Institut für Wirtschaftsinformatik an der Fachhochschule Nordwestschweiz und dem Computer Perception & Virtual Reality Lab des Instituts für Human Centred Engineering der Berner Fachhochschule, fand Gilgen Logistics wertvolle Partner für die Entwicklung. Zudem wurde das Projekt durch die Innosuisse, der Schweizer Agentur für Innovationsförderung, unterstützt.

Da die Basisfunktionen einer Mixed-Reality-Brille bereits heute eingesetzt werden, fokussierten sich das Team auf das Markieren und Animieren von Bauteilen des Elements. Damit markiert der Supporter die Bauteile des virtuellen 3D-Modells, die in Farbe deutlich hervorgehoben werden. Mit Animationen kann nun dem Operator die Montagereihenfolge, Position oder Einstellung visuell eingeblendet werden.

Mögliches Szenario

Der Operator ist vor Ort und hat ein Problem auf der Anlage, welches er ohne Unterstützung eines Spezialisten nicht lösen kann. Der Operator setzt seine AR-Brille auf. Über das Mikrofon und Voice-Over-IP ist der Operator nun mit einem Supporter verbunden. Der Supporter sieht das Live-Kamerabild der AR-Brille auf seinem Monitor. Über einen Marker erkennt die Brille, um welchen Elementtyp es sich handelt und lädt die entsprechenden 3D-Daten vom Datenserver der Gilgen Logistics herunter. Anschließend wird das Element augmentiert, d.h. das virtuelle 3D-Modell wird über dem realen Element eingeblendet. Der Supporter hat das gleiche 3D-Modell auf seinem PC und kann nun dem Operator einzelne defekte Bauteile markieren, ein- und ausblenden, und ihn bei der Reparatur, Montage oder Störungsbehebung anleiten. Der Operator hat jederzeit beide Hände zum Arbeiten frei.

Technologie aus Game- und Streaming-Industrie

Für dieses Pilotprojekt mussten mehrere relativ neue und komplexe IT-Technologien verknüpft werden: Für den Datenaustausch benötigt es mehrere Netzwerk-Server.

Einerseits wird damit der kontinuierliche Datenfluss für die 3D-Synchronisierung sichergestellt. Da dieser Austausch mit einer sehr geringen Latenz funktionieren muss, wird eine Software verwendet, welche auch für Multiplayer Online Games eingesetzt wird.

Andererseits müssen die beiden Clients (Hololens und Browers-App) verknüpft werden. Für die Echtzeitkommunikation bedient man sich der Technologie, wie wir sie aus den Video-Conference-Tools kennen. Damit können Webbrowser und die Hololens, direkt Video und Audio Streams austauschen. Die Hololens ist dabei über WLAN mit dem Internet verbunden.

Augmented Reality mit der Microsoft Hololens

Gilgen verwendet für die Anwendung die Hololens-Brille von Microsoft. Diese AR-Brille blendet dem Träger 3D-Objekte in den Raum ein, die real gar nicht da sind. Dies geschieht dabei stereoskopisch (für beide Augen getrennt) und in Echtzeit. Der wichtigste Aspekt dabei ist, dass die Brille sehr schnell und präzise die Position und Orientierung und damit auch die Blickrichtung des Trägers bestimmen kann. Die Hololens nimmt dabei den Raum mit einer 3D-Tiefenkamera mit Infrarotsensoren wahr. Für die Generierung der 3D-Grafiken wird die Game Engine Unity verwendet. Die Identifikation der Gilgen-Maschine und die genaue Position mit der Hololens wird über einen QR-Code sichergestellt. Die 3D-Objekte die in der Hololens einblendet sind, werden auch im Browser des Supporters angezeigt. Dieser kann jedoch das 3D-Modell frei rotieren. Die wichtigste Innovation in diesem Projekt war nun, dass der Supporter in seiner 3D-Darstellung der Maschine ein problematisches Teil auswählen und hervorheben kann. Diese Auswahl wird nun an die Hololens übertragen. Der Supporter kann dem Operator so präzise Instruktionen geben.

Ausblick

„Durch den Einsatz von Augmented Reality wird die Sicherheit und das Vertrauen des Kunden im Umgang mit der Anlage erhöht. Mit dem Pilotprojekt konnten wir die Basis für weiterführende Projekte, zum Beispeil eine Netzwerkverbindung zwischen der Anlage und der Gilgen-Support-Abteilung erarbeiten, welche uns einer effizienten Bearbeitung der Realisierungsprojekte‘ näherbringt“, sagt Entwicklungsleiter Daniel Fricker. (ck)

Eine Information der Gilgen Logistics AG, Oberwangen

Zum Firmenprofil

Von Redaktion (allg.)

veröffentlich vonTechnische Logistik

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