21.07.2020

Servicerobotik macht mobil

Zwei Trends zeigen, wie Fertigungsverfahren effizienter und Prozessabläufe produktiver gestaltet werden können: Serviceroboter entlasten den Menschen zunehmend bei monotonen, schweren und ermüdenden Aufgaben. Zusätzlichen Nutzen bieten mobile Robotikanwendungen. So können fahrtbegleitend Prüf-, Montage- und Sortieraufgaben ausgeführt werden. Wo Mensch und Roboter Hand in Hand arbeiten und mobile Manipulatoren unterwegs sind, hat Sicherheit einen hohen Stellenwert.

Von festen Schutzzäunen umgebene Roboter, wie sie vornehmlich in der Automobilbranche zum Einsatz kamen, werden zunehmend abgelöst: Längst sind die vielseitig einsetzbaren Montageautomaten raus aus ihrer Zelle und führen Produktions-, Montage- und Handhabungsaufgaben durch. Mit diesem Wandel haben sich auch die Sicherheitskonzepte geändert, die dafür Sorge tragen, dass das Miteinander von Mensch und Roboter ohne gravierende Folgen für Leib und Leben bleibt.

Mehr Service …

Die Grenzen zwischen Service- und Industrierobotik lösen sich zunehmend auf. Die Rolle des Menschen wird im Zuge einer intelligenten Produktion neu definiert. Serviceroboter gehen dem Menschen bei körperlich belastenden oder monotonen Arbeiten „zur Hand“ und entlasten ihn.

Der Mensch dagegen übernimmt verantwortungsvollere und komplexere Aufgaben wie die Planung und Programmierung der Prozesse. Flexible Lösungen gewinnen an Bedeutung – kompakte, vielseitige Assistenten anstatt massive Montage-Roboter.

… und Flexibilität

So finden heute kompakte, wandlungsfähige Roboter ihren Weg auch in kleine und mittelständische Unternehmen. Manipulatoren führen unter anderem Pick-and-Place-Applikationen oder Handling-Abläufe zwischen verschiedenen Produktionsschritten aus.

Gegenüber dem klassischen Roboter sind derartige Serviceroboter weit flexibler und einfacher an neue Aufgaben und Gegebenheiten anpassbar. Kombiniert mit einem Fahrerlosen Transportsystem (FTS) kann ein Serviceroboter in industriellen und nicht industriellen Anwendungen die Materialversorgung – sei es im Fertigungsprozess oder beispielsweise in einer Apotheke – übernehmen.

Ein Einsatzfeld mit Potenzial ist deshalb die Intralogistik: FTS sind seit Jahren Standard. Sie stellen den effizienten Materialfluss in der Fertigung sicher oder sind zentraler Bestandteil einer Produktion. Für die Fertigung von Losgröße 1 sind allerdings neue Konzepte gefragt. Nicht nur der effiziente Datenaustausch innerhalb der vernetzten Fertigung spielt dabei eine Rolle. Gerade im Bereich der Intralogistik bieten sich neue Prozesse an – fluide Abläufe bieten mehr Flexibilität und lösen starre Produktionslinien ab.

Mehrwert für den Transport

In diesem Szenario macht die Kombination mit einem Serviceroboter ein FTS zu einem profitablen Akteur: Ist die mobile Basis mit einem Manipulator ausgestattet, kann der mobile Serviceroboter an der angesteuerten Position nicht nur ein Objekt laden oder abliefern. Erfordert es die Applikation, kann der mobile Manipulator einen notwendigen Arbeitsschritt am Werkstück ausführen oder zum Beispiel ein Paket labeln.

Ein mit Serviceroboter bestücktes FTS ist – ausgerüstet unter anderem mit Sensorik und Kamerasystemen – in der Lage, während der Fahrt von Station zu Station ein definiertes Set an Mess-, Prüf- und Sortieraufgaben ausführen. Durch diese zusätzlichen Arbeiten am Werkstück, wird der Materialtransport zu einem Teil der Wertschöpfungskette.

Ein weiterer Vorteil eines solchen Systems aus Manipulator und FTS besteht in der Möglichkeit, die Positionierungsungenauigkeiten des Systems auszugleichen zu können und damit mehr Präzision zu bieten: Der Manipulator kennt beispielsweise die exakte Position der aufzunehmenden Komponente und gleicht dadurch die gegebene Ungenauigkeit des FTS aus.

Ein zusätzlicher Anwendungsfall können spezielle Plattformen sein, die unterschiedlich ausgestattete Serviceroboter-Units transportieren und an ihrem Einsatzort absetzen. Diese werden nach getaner Arbeit wieder abgeholt und an einen neuen Bestimmungsort gefahren. In der Fabrik der Zukunft verschmelzen also mobile Transport- und Servicerobotik-Lösungen.

Robotik? Aber sicher!

Als Anbieter sicherer Automatisierungslösungen hat Pilz die Robotik seit Jahren im Blick: An unzähligen Roboterapplikationen sorgen sichere Sensoren des Automatisierungsspezialisten, darunter Lichtgitter, Laserscanner oder Schutztürsysteme, für den zuverlässigen Schutz von Mensch und Maschine.

Aufbauend auf der jahrelangen Erfahrung in der Industrie begleiten die Safety-Experten Robotik-Anwender bis zur CE-Kennzeichnung und übernehmen die Verantwortung für die Sicherheit von Roboterapplikationen. Gleichzeitig gestaltet Pilz die für das gemeinsame Verständnis von Sicherheit notwendigen internationalen Normen und Standards, wie zum Beispiel die ISO/TS 15066 für die Mensch-Roboter-Kollaboration (MRK), maßgeblich mit.

Wo immer der Mensch näher an die Maschine rückt oder wo sich beide eine Aufgabe und einen Arbeitsraum teilen, spielt Sicherheit eine maßgebliche Rolle. Dies gilt in besonderer Weise bei mobilen Roboterapplikationen. An die Stelle räumlich trennender Systeme treten flexible Sicherheitskonzepte, die eine Form der Zusammenarbeit möglich machen, die Sicherheit und Produktivität vereint.

Modulweise zur Anwendung

Pilz hat die neuen Trends in der Fertigung frühzeitig erkannt und das Leistungsportfolio um die Service-Robotik-Module erweitert. Der modular aufgebaute Baukasten besteht aus einem Manipulator-, einem Bedien-Modul sowie aus unterschiedlichen Steuerungs-Modulen. Jedes Modul ist als Teil des modularen Gesamtsystems mit offenen Schnittstellen ausgestattet. Anwender können mit diesem Baukasten sowohl im industriellen als auch im Umfeld der klassischen Servicerobotik auf einfache Weise ihre individuelle Servicerobotik-Applikation zusammenstellen.

Bei den Service-Robotik-Modulen verfolgt Pilz einen offenen Ansatz: Ein Anwender kann grundsätzlich sämtliche Pilz-Module über die jeweiligen mechanischen und elektrischen Schnittstellen mit Komponenten anderer Anbieter (zum Beispiel Steuerungen, Greifer oder eben FTS) kombinieren.

Kernstück ist das Manipulator-Modul PRBT: Pilz hat diesen Roboterarm mit einer Traglast von sechs Kilogramm, der in beliebiger Montagerichtung angebracht werden kann, selbst entwickelt. Mit einer Reichweite von 741 Millimetern, einem Eigengewicht von 19 Kilogramm und einer 24-VDC-Betriebsspannung eignet er sich für eine Vielzahl mobiler Anwendungen, insbesondere auch in Kombination mit einem FTS.

Der bewusst offene Ansatz wird durch den Einsatz von speziellen Software-Paketen für das Robot Operating System (ROS) zur Robotersteuerung vorangetrieben. Das Framework ROS ist ein weit verbreitetes Roboterbetriebssystem auf Open-Source-Basis. Die ROS-Pakete von Pilz können zum Schreiben von Software für eigene Robotikanwendungen beziehungsweise ganzer Roboterapplikationen eingesetzt werden.

Gemeinsam zur Lösung

ROS-Pakete beinhalten bestimmte Funktionalitäten und Treiber. Sie werden den Anwendern kostenlos über eine Community zur Verfügung gestellt. Das kann beispielsweise ein Paket zur industriellen Bahnplanung sein. Ein Vorteil des Open-Source-Frameworks ist die gemeinsame Zusammenarbeit in der ROS-Community und der Austausch mit Experten aus verschiedenen Bereichen – von Forschungseinrichtungen bis zum Roboterhersteller.

Gemeinsam sind die Anwender in der Lage, selbst komplexe Robotikanwendungen erfolgreich umzusetzen. Pilz entwickelt und testet seine ROS Pakete selbst nach den industriellen Qualitätskriterien und Anforderungen des ROS Industrial Consortiums und bietet somit hochwertigen Code für anspruchsvolle industrielle Aufgaben.

Mehr Offenheit bei Umsetzung

Seine besonderen Vorteile spielt ROS gerade in dynamischen Umgebungen aus, so beispielsweise beim Navigieren von FTS, der Kollisionsvermeidung oder dem Greifen unterschiedlicher, sich ändernder Objekte. Da die einzelnen Pakete modular aufgebaut sind, sind sie vielseitig einsetzbar und mit der Hardware unterschiedlicher Hersteller kompatibel. Die Verwendung von Programmiersprachen wie Python oder C++ ist, neben der offenen und kostenlosen Verfügbarkeit des Quelltextes, ein Vorteil von ROS. ROS ist herstellerübergreifend einsetzbar und bietet – ganz im Sinne von Industrie 4.0 – ein vernetztes, interoperables System.

Pilz-Service-Robotik-Module erschließen neue Anwendungsbereiche in der Intralogistik, die über den klassischen Einsatzbereich von Robotern hinausgehen. Das intuitive Plug-and-Work-Prinzip der Service-Robotik-Module trägt dazu bei, dass die einzelnen Module schnell verbunden und die gewünschten Applikationen rasch einsatzbereit sind. Serviceroboter unterstützen den Werker dabei, seine Aufgabe ergonomischer, sicherer und produktiver zu verrichten. Am Ende stehen immer effizientere Prozesse, die Kosten senken und hohe Qualitätsstandards sichern.

Von Redaktion (allg.)

veröffentlich vonTechnische Logistik

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