11.06.2020

Der Kunde steuert die Prozesse im Lager

Berücksichtigt man in der Planung und Optimierung eines Lagers die SIPOC-Methode (Six-Sigma-Werkzeug), werden die Prozesse zwangsläufig vom Kunden betrachtet. Eine Methode, die eigentlich sehr einfach und einleuchtend ist, nur wird sie auch in technischen Planungen berücksichtigt oder spielen andere Unternehmensinteressen eine größere Rolle? Der Kunde steuert die Prozesse im Lager: Warum ist das so?

Eine typische Situation in der Lagerplanung:
Die Kunden-Bestellungen steigen stark an und das alte Lager platzt aus allen Nähten. Schnell wird eine neue Immobilie gesucht und gefunden. Das alte Lager mit seinen bestehenden Funktionsbereichen und Prozessen wird kopiert und auf die entsprechende neue Größe skaliert. Nach kurzer Zeit stößt man jedoch auch hier wieder an seine Grenzen und die Aufträge können nicht gemäß den Vorgaben bedient werden.

Die innerbetrieblichen Prozesse sind zwar optimiert, allerdings stellt sich die Frage: Woran sind sie ausgerichtet und optimiert? Zumeist auf Unternehmensvorgaben, die sich auf die Reduzierung von Kosten beziehen. Die Kundenprozesse sind meistens nur zum Teil berücksichtigt. Die Folge ist: Die Auftragsdurchlaufzeiten sind weiterhin schlecht und Kunden werden nicht zu deren Zufriedenstellung bedient.

Wie kann also der Planungsprozess verbessert werden?

Wichtig bei der Planung eines Lagers und der Optimierung der Prozesse ist, die Auftragsstruktur zu beachten

In der Fachliteratur wird der Begriff „Auftragsstruktur“ wie folgt definiert:

„Auftragsstruktur (engl. order structure) umfasst über den Zeitablauf feststellbare Kennwerte wie Anzahl der Aufträge, Positionen je Auftrag, Artikeleinheiten je Position, Eil- und Normalaufträge usw.“ (Quelle: www.logipedia.de von Prof. Dr. Michael ten Hompel, Dr. Volker Heidenblut)

Im Prinzip ist diese Definition absolut richtig. Wie jedoch bei jeder Kennzahl, die erhoben wird, muss man diese interpretieren und in der Gesamtheit betrachten. Nur die Verkettung der einzelnen Analyseergebnisse bringt Erkenntnisse zur Optimierung der Prozesse.

Bevor die Lagerhülle geplant und gebaut sowie entschieden wird, welche Lager- und Kommissioniertechnik verbaut werden soll, sind die Kundenprozesse bzw. die Auftragsstruktur zu analysieren, und zwar in einem repräsentativen Zeitraum.

Je nach Zugriffshäufigkeiten (XYZ) der Artikel, der Zugriffsmengen (ABC), der wiederkehrenden Zusammenbestellungen verschiedener Artikel, der Verweildauer der Artikel usw. werden die Lager- und Kommissionierbereiche entsprechend eingerichtet: Und zwar angefangen beim Automatisierungsgrad (manuell bis automatisch), der Anzahl benötigter Lager- und Kommissioniergeräte (ebenfalls manuell und automatisch berücksichtigt), der Lagerart und -zonen (Palette, Behälter, Fachbodenregal, Durchlaufregal, Clusterung nach ABC- und XYZ-Kriterien etc.) bis hin zur Kommissionierstrategie (Batch-Kommissionierung, auftragsbezogen, separate Kommissionierung von Einpositionsaufträgen etc.).

Aus dieser Vielzahl an Kombinationen und Betrachtungen der Auftragsstruktur wird deutlich, dass der Kunde die Prozesse im Lager steuert und nicht die Unternehmensvorgaben. Sicherlich ist es auch wichtig, die Prozess- und Lagerkosten im Blick zu behalten (Unternehmensvorgabe), jedoch deutlich mehr Einfluss auf die Prozesse und somit auf die Kosten hat der Kunde mit seinem Verhalten.

Im Rahmen von Lean Management Methoden, bei denen der Fokus stark auf der Reduktion von Verschwendungen in Prozessen und Kosten ausgerichtet ist, steht ebenfalls das Kundenverhalten stark im Vordergrund. Wichtig dabei ist, die Optimierung der Prozesse vom Kunden ausgehend zu starten.

Und hier schließt sich der Kreis: Die Kunden steuern mit ihren Aufträgen und der Auftragsstruktur die Prozesse im Unternehmen. In Anlehnung an das Six-Sigma-Werkzeug SIPOC sind sie verantwortlich für den Output (Produkte, Lieferungen, etc.), die Prozesse (Produktion, Lagerung, Kommissionierung), den Input (Rohstoffe, Fertigungsaufträge etc.) und die Zulieferungen. Das Prozessergebnis und die Prozessleistung werden durch die Kundenanforderungen gesteuert, woraus sich Kennzahlen und Indikatoren für die Prozessqualität ableiten. Somit sind die Prozesse im Lager so zu entwickeln und zu gestalten, dass genau diese Anforderungen erfüllt werden.

Thomas Lührs ist seit 23 Jahren in der Logistik als Projektmanager und Projektleiter aktiv und hat durch seine Tätigkeit Kernkompetenzen im Bereich der Intralogistik aufgebaut. Mit der Internet-Plattform www.how-logistics.de hat er die klassische On-Site-Beratung in den Online-Bereich transferiert.

veröffentlich vonBVL.digital

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