23.04.2020
Covid-19: Die Logistik hat die Herausforderungen der Pandemie im Griff
Die derzeit durch das Sars-CoV-2 ausgelöste Krise fordert sämtliche Wirtschaftsbereiche. Wegen ihrer Systemrelevanz sind Logistikdienstleister besonders stark betroffen. Dabei beweisen Logistiker hohe Flexibilität, um die Versorgung von Bevölkerung und Wirtschaft sicherzustellen.Die Logistik in Deutschland meistert derzeit einen Spagat. Neben dem Schutz der eigenen Mitarbeiter müssen Logistikdienstleister auch Antworten auf eine extrem volatile Auftragslage finden. Dabei ist die aktuelle Situation gerade für viele klein- und mittelständische Unternehmen selbst eine ernstzunehmende Bedrohung ihrer Existenz. Viele produzierende Unternehmen aus der Automobil- und Zulieferindustrie haben ihre Produktion heruntergefahren oder komplett ausgesetzt. Aufgrund der zentralen Bedeutung des Automobilsektors für die Logistik ergeben sich erhebliche Auftragseinbußen, die sich laut dem Onlinestatistikportal Statista im März unter anderem in einem Einbruch des Gesamtumsatzes im Sektor Verkehr und Lagerei von knapp 60 Prozent niederschlugen.
Gleichzeitig halten Logistiker Lieferketten und Warenströme aufrecht, um Krankenhäuser, Apotheken und Bürger mit lebenswichtigen Gütern wie Medikamenten, Medizinprodukten und Lebensmitteln zu versorgen. Auch hier ist die Auftragslage komplex und mit Herausforderungen verbunden: Hersteller von Medizingütern und Hygieneprodukten sowie Lebensmittelhändler verzeichnen teils enorme Nachfragezuwächse, denen im Management der Waren- und Lieferketten sowie beim Transport, Umschlag und Lagerung Rechnung getragen werden muss.
Besonders eindrücklich zeigen sich diese Zuwächse in der Veränderung des Konsumentenverhaltens von Mitte bis Ende März 2020 im Vergleich zum Vorjahreszeitraum unter anderem im Bereich von Hygieneprodukten: So lag der Nachfragezuwachs bei Desinfektionsmitteln bei 210 Prozent, bei Toilettenpapier betrug er 100 Prozent und bei Handcreme 123 Prozent. Ähnlich extreme Steigerungen waren außerdem im Lebensmittelsektor zu verzeichnen: Die Nachfrage nach Mehl stiegt um 155 Prozent, bei Reis um 161 Prozent und bei Brotmischungen um 169 Prozent.
„Die Corona-Krise offenbart in beispielloser Weise die systemrelevante Bedeutung und Leistungsfähigkeit der Logistik. Logistik liefert einen essenziellen Beitrag für eine leistungsfähige Wirtschaft, zur Versorgung der Privathaushalte sowie zum Funktionieren unserer Gesellschaft – auch und gerade in Krisenzeiten. Dies wird durch die Pandemie für viele zum ersten Mal erlebbar und zeigt sich in einer gesteigerten Aufmerksamkeit für die Wichtigkeit der Logistik zur Aufrechterhaltung des alltäglichen Lebens“, sagt Frauke Heistermann, Sprecherin der Initiative „Die Wirtschaftsmacher“.
„Die Wirtschaftsmacher“ haben es sich zum Ziel gesetzt, das Image der Logistik in der Gesellschaft zu verbessern. An der Initiative beteiligen sich rund 100 Unternehmen, logistiknahe Verbände, Vereine und Medien.
„Trotz ihrer wesentlichen Bedeutung setzen sich viele Logistiker mit akuten Schwierigkeiten auseinander, die ihrer wichtigen Rolle während dieser Krise nicht gerecht werden. Besonders betroffen sind Lkw-Fahrer und -Fahrerinnen, die durch geschlossene Sanitäranlagen an Rampen und auf Raststätten zu kämpfen haben. Der Beitrag des gesamten Wirtschaftsbereichs Logistik sowie all derjenigen Menschen, die in ihm arbeiten, muss sich endlich in einer gesteigerten Wertschätzung in der breiten öffentlichen Wahrnehmung äußern. Dies gilt während der Krise, aber auch darüber hinaus“, fordert Heistermann.
In seiner Bewältigung der ambivalenten Auftragslage zeigt der Wirtschaftsbereich Logistik gleichzeitig seine ganze Flexibilität und Anpassungsfähigkeit. Dies zeigt sich beispielhaft unter anderem in den Bereichen Transport, Kurier-, Express- und Paketdienst (KEP) sowie IT:
Während in der Luftfracht in krisenfreien Zeiten die Hälfte der weltweit in der Luft beförderten Fracht als Belly-Freight (Gepäckraum-Fracht) in Passagiermaschinen befördert wird, werden durch den Ausfall der Personenbeförderung im Luftverkehr Passagiermaschinen nun zum reinen Frachttransport eingesetzt, um die Aufrechterhaltung wichtiger Lieferketten zu garantieren.
KEP-Dienstleister nutzen verstärkt die unterschriftlose Zustellung, um Kunden und Mitarbeiter zu schützen.
Das Fraunhofer-Institut für Materialfluss und Logistik IML entwickelte kurzfristig die Internetplattform www.logistik-hilft.de, auf der Firmen, die Kapazitäten wie Mitarbeiter oder Lagerfläche benötigen oder verfügbar haben, kostenlos zusammengebracht werden. Logistikdienstleister als auch Privatpersonen können mit ihren freien Ressourcen wichtige Entlastung für produzierende Unternehmen oder Lebensmittelhändler schaffen und Transportaufträge übernehmen.
Von Tobias Schweikl
veröffentlich vonLOGISTRA